Mittwoch, 12. Juni 2019 - 18:00
Antigenderismus, Antisemitismus und Muslim*innenfeindlichkeit
"Sozialpsychologische Überlegungen zum ideologischen Syndrom der extremen Rechten" von Sebastian Winter in Kooperation mit FfeM.
Der Kampf gegen den "Genderismus" vereint die extreme Rechte und findet Anklang bis hin zu FAZ und Spiegel. Bereits die konservative Revolution der 1920er Jahre propagierte den Kampf gegen als "verjudet" interpretierte Transformationsprozesse der Geschlechterordnung. Im Nationalsozialismus wurde dann unter dem Vorzeichen der Volksgemeinschaft eine "neue Synthese" der Geschlechter verhießen, die frei sei von den zersetzenden Einflüssen der Frauenemanzipation, aber auch von "Lüsternheit" und allem Künstlichem. Heute richtet sich die Stoßrichtung gegen staatliche Gleichstellungspolitik, liberalen Sexualkundeunterricht, feministische Kritik und jede Denaturalisierung des Geschlechtlichen. Verschwörungstheoretisch wird eine "Gender-Lobby" als dahinter treibende dunkle Kraft vermutet, welche die Deutschen umerziehen will - und wieder finden sich (strukturell) antisemitische Assoziationen. Scheinbar paradox wird gleichzeitig oftmals die Ablehnung von "Frauenunterdrückung" und Judenfeindschaft demonstrativ betont. Man stehe hier als gute Deutsche oder guter Deutscher ganz im Gegensatz zu "den Moslems" und "NAFRIs". Wie ist dieses ideologische Syndrom sozialpsychologisch zu interpretieren? Was macht seine affektive Attraktivität aus?
Sebastian Winter ist Lehrbeauftragter am Institut für Soziologie der Leibniz Universität Hannover und Koordinator der Arbeitsgemeinschaft Politische Psychologie. Seine Arbeitsschwerpunkte sind Geschlechter- und Sexualitätsgeschichte der völkischen Bewegung, des Nationalsozialismus und der postnationalsozialistischen Gesellschaften, Antisemitismusforschung, Geschlechtertheoretische Sozialisationstheorie sowie Psychoanalytische Sozialpsychologie.