Mittwoch, 17. April 2019 - 18:00
Vortrag: Zur Kritik der Universität (Gerhard Stapelfeldt)
Hörsaalzentrum, Theodor-W.-Adorno-Platz, 60323 Frankfurt am Main, Deutschland
Anlässlich zum Release des Alternativen Vorlesungsverzeichnis (AVV) trägt Gerhard Stapelfeldt zur Kritik der neoliberalen Universität vor. Das AVV ist eine vom AStA Universität Frankfurt zusammengestelle Sammlung autonomer Tutorien. Autonome Tutorien sind studentisch organisierte Veranstaltungen, die Themen aufgreifen, welche in den regulären universitären Veranstaltungen häufig wenig berücksichtigt werden.
Nichtsdestotrotz greift das AVV ein Konzept von unvervollkommender Bildung auf. In diesem Vortrag wird es deswegen es um die Idee des Kritik- und Bildungsbegriffs überhaupt, sowie die Produktion von Wissen in der marktförmig-neoliberalen Universität gehen.
Der Vortrag findet auf dem neuem Frankfurter Repräsentationscampus 'IG Farben Campus' im Westend statt. Dort gibt es Natursteinfassaden, den Theodor-W.-Adorno-Platz, Exzellenzcluster zur Herausbildung normativer Ordnungen und den Body of Knowledge. Eine acht Meter hohe Metalkonstruktion eines aufrecht sitzenden, nachdenklichen Menschen. Die Figur hat ihre Knie zur Brust gezogen, mit den Armen umschließt sie diese. Ihr Blick schweift in die Ferne. Ein "Symbol für eine transparente und weltoffene Universität". Ironischerweise ist ihr Körper hohl, aus bloßen Zeichen bestehend und der Kopf zur einen Hälfte offen.
Datum, Zeit und Ort:
17.04.19
18 Uhr
Hörsaalzentrum H11
Titel:
Kritik der neoliberalen Universität - Entstehung und Struktur
Ankündigungstext:
Die Utopie der Bildung versprach einst, daß der Mensch durch seinen Aufstieg zur Gottesebenbildlichkeit sich selbst und seine Welt durch Vernunft zu bilden vermöchte: einem Bildhauer gleich. Bildung ist: höchste theoretische Einsicht in die Welt als Ganze, praktische Verwirklichung des Menschen als Menschen, der Gesellschaft als eines vernünftigen "Vereins freier Menschen" - so daß der Mensch sich seiner selbst und seiner Verhältnisse bewußt ist. Als Prozeß ist Bildung: Welt- und Selbstaufklärung durch das "Ändern der Umstände" und "Selbstveränderung" ineins (Marx). Diese Idee wurde geboren in der Antike, radikalisiert in der Renaissance, leitende Utopie in der Epoche der liberalen Aufklärung - um am Ende des 19. Jahrhunderts in der Ausbildung von Menschen zu Maschinenmenschen in einer irrational-rationalen Maschinengesellschaft unterzugehen. Die neueste Gestalt der Negation jener Vernunft-Utopie durch den gesellschaftlichen Fetischismus ist der zur Globalisierung verallgemeinerte Neoliberalismus: die neoliberale Wissensgesellschaft. Die Produktionsstätte des gesellschaftlich analphabetischen Wissens der Wissensgesellschaft ist die neoliberale Universität. In ihr wird der Wissende an eine darwinistische Wettbewerbsgesellschaft angepaßt, die nur Sieger und Verlierer kennt: "Überleben des Erfolgreichen" und "Selektion" (Hayek).
Prof. Dr. Gerhard Stapelfeldt lehrte von 1979 bis 2009 am Institut für Soziologie der Universität Hamburg. Seitdem arbeitet er als freier Schriftsteller in Hamburg.