Mittwoch, 1. November 2023 - 19:00
Das Elend der Arbeit - ein Vortrag von Lothar Gallow-Bergemann
Dass wir Arbeiten-müssen-um-Geld-zu-verdienen-damit-wir-leben-können ist das ungeschriebene, aber höchste Gesetz unserer Gesellschaft. Arbeit sei so etwas wie Natur, lautet der allgemeine Konsens. Doch wir arbeiten viel zu viel Unnützes und wir tun viel zu wenig Sinnvolles.
Arbeit und nützliches/sinnvolles/lustvolles Tätigsein sind zwei Paar Stiefel. Unser Lebensunterhalt hängt von einer Megamaschine ab, die wir bedienen müssen und deren Zweck es ist, aus Geld immer mehr Geld zu machen. Unendliches Wachstum, maximaler Profit und steigende Aktienkurse bedeuten ihr alles, das Leben künftiger Generationen nichts. Wo wir hinschauen ist Krise: Die Erde erwärmt sich unaufhörlich, die Ozeane werden vermüllt. Hunger und Armut wachsen, selbst in den reicheren Weltregionen. Pandemien häufen sich. Kriege und Kriegsgefahr werden immer bedrohlicher. Noch nie waren so viele Menschen auf der Flucht.
Es liegt auf der Hand, dass es so nicht mehr weitergehen kann. Doch viele klammern sich an das, was keine Perspektive mehr hat. In ihren Köpfen spuken Verschwörungsphantasien: "Man will mir meine Arbeit und mein Auto nehmen", "Mir wird verboten, zu sagen, was ich denke". Hass und Hetze gegen Klimaaktivist*innen und "Woke" wirken bis in die "Mitte der Gesellschaft". Ein neu-alter Autoritarismus breitet sich aus. In ihm gärt rohe Gewalt.
Zum Glück reagieren viele nicht autoritär auf die Krise. Aber sie sind ratlos. Ihnen ist klar, dass es nicht "so weiter" gehen kann, doch sie sehen keine Alternative. Eher können sie sich den Weltuntergang als das Ende des Kapitalismus vorstellen. Dahinter steckt ein faustdickes Problem. Denn solange unser Lebensunterhalt vom Verkauf unserer Arbeitskraft abhängt, sitzen wir in der Falle: Geht es nämlich nicht "so weiter", ist unser Einkommen gefährdet, von dem wir leben.
Die Gleichsetzung von "sicherem Leben" mit "sicheren Arbeitsplätzen" ist das entscheidende Hindernis auf dem Weg in eine bessere Zukunft. Zu begründen und zu zeigen, dass und wie es auch "anders gehen kann", ist die zentrale Herausforderung für alle, die nach humanen Auswegen suchen. Radikale Arbeitszeitverkürzung, gesellschaftliche Selbstorganisation und Wertewandel sind der Schlüssel zur Überwindung der Krise.
Lothar Galow-Bergemann war Personalrat in zwei Großkliniken. Heute schreibt er u.a. in Jungle World und bei Emma und Fritz
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_source_ : message received on 28. Oktober 17 Uhr